Asch’aritische Theologie 

Asch'aritische Theologie 

Zur Zeit des Propheten Muhammad und der ersten Generation von Muslimen war Theologie als Wissenschaft weder vorhanden noch notwendig. Dies änderte sich erst als die junge Gemeinde im Zuge ihrer Ausbreitung in Kontakt mit anderen Kulturen und religiösen Traditionen kam. Plötzlich war man gefordert, die eigenen Glaubenssätze nicht mehr nur durch Aussagen des Propheten oder Koranverse zu begründen. Stattdessen bedurfte es nun für Logik zugängliche Argumente, um in die geistige Auseinandersetzung treten zu können. Das Mittel der Wahl war die Entwicklung des Kalâm, der spezifisch islamischen Form scholastischer Theologie, welche sich über die Jahrhunderte in verschiedene konfessionelle beziehungsweise dogmatische Richtungen ausdifferenzierte.

Entsprechend kennt der Sunnitische Islam neben den vier Rechts- auch zwei Theologieschulen. Diese sind die Asch‘aritische sowie die Maturidische Schule. Der Gründer und Namensgeber der Asch’aritischen Theologieschule, Abû al-Hasan al-Asch‘arî (gest. 936), stammte aus dem Gebiet des heutigen Irak. Er setzte sich für einen Ausgleich von Vernunft und Texttreue ein und stand damit im Widerspruch zu ultra-rationalistischen wie auch literalistischen Strömungen seiner Zeit. Dennoch gewann seine Lehre beständig neue Anhänger und konnte sich so in fast alle Teile der Islamischen Welt ausbreiten. Nachfolgende Asch’ariten wie Imam Ghazâlî und Fakhr al-Dîn al-Râzî suchten später gezielt die Auseinandersetzung mit verschiedenen religiösen und philosophischen Weltanschauungen, um auf diese Weise die Positionen ihrer Schule weiter zu konkretisieren.

Bis heute ist die Mehrheit der sunnitischen Muslime stark von den Lehren der Asch’aritischen Theologie beeinflusst. Sie in Deutschland bekannter zu machen und entsprechend der überlieferten Methodiken weiterzuentwickeln ist ein erklärtes Ziel des BMG. So wollen wir uns im (selbst-)kritischen Dialog mit anderen Theologien, Philosophien und moderner Wissenschaft, vor dem Hintergrund unserer überlieferten Tradition, den Fragen und Herausforderungen der Zeit stellen, um auf diese Weise zu deren Beantwortung und Lösung beizutragen.